Vor knapp einem Jahr habe ich hier auf Dinkelmama in die Welt posaunt, dass wir es uns als Projekt auf die Fahne geschrieben haben, als Familie plastikfrei zu leben. Dass wir auf Nachhaltigkeit Wert legen und wie sich unser Alltag dadurch verändert hat. Dass wir möglichst wenig Müll produzieren möchten und wir uns ab sofort zwei Mal überlegen, ob wir Dinge wirklich brauchen (Stichwort: Minimalismus).
Wenn ich so die vergangenen Monate anschaue, haben unsere Euphorie und auch unser Verhalten in Sachen Nachhaltigkeit einen ordentlichen Knick erlitten. Um nicht zu sagen, dass wir hier und da gewaltig gescheitert sind.
Und damit sind wir scheinbar (oder zum Glück) nicht alleine. Denn ausschlaggebend für diesen Blogartikel ist ein Beitrag von Lisa von „Aktiv mit Kindern“.
Aber was ist nun so gehörig schief gelaufen? Und warum steht unser Projekt „plastikfrei leben als Familie“ plötzlich auf der Kippe?
Am Anfang stand unsere große Mission „nachhaltiger leben“
Wir schmissen nach und nach unseren kompletten Familienalltag und damit unser Leben um. Wir begannen mit Stoffwindeln zu wickeln, machten unsere Feuchttücher selbst, legten einen Gemüse- und Kräutergarten an und gingen vermehrt in Unverpackt-Läden einkaufen.
Außerdem fing ich an, immer mehr Lebensmittel selbst herzustellen, wie zum Beispiel Naturjoghurt, Brot und Brötchen, Gemüsebrühe, Senf, Ketchup, Pudding und vieles mehr.
Auch in Sachen wohnen änderte sich einiges: Wir haben ein wunderschönes, nachhaltiges Babyzimmer eingerichtet, unsere Küche nahezu plastikfrei gemacht und auch in unserem Badezimmer so einiges geändert.
Kurzum: Es lief alles ziemlich gut. Unsere Mülltonnen waren deutlich leerer. Verbesserungen waren nicht nur möglich, sondern auch geplant. Und wir (bzw. vor allem ich) war(en) sehr zufrieden. Oder anders gesagt: Es rockte einfach. Und das, ohne das Gefühl zu haben, es wäre anstrengend oder mega zeitintensiv unser nachhaltiges und plastikfreies Leben als Familie.
Und dann kam alles anders…
Ein kleines Virus legte unser Leben lahm und machte plötzlich auf ganz andere Art unser Leben speziell. Und wir waren kopfmäßig und auch im Alltag mit komplett anderen Dingen beschäftigt, als mit Nachhaltigkeit. Ging dir wahrscheinlich auch so, oder?
Nach und nach geriet unser nachhaltiger Lebensstil gewaltig ins Schleudern. Ich brachte deutlich öfter die Mülltüten raus, packte Essen aus Plastik aus, kaufte Dinge in Plastik ein und ärgerte mich zunehmend darüber. Klar, es gibt deutlich schlimmeres, aber es ärgert mich einfach.
Und ja, wenn ich mir aus dem Fenster die vollgestopften Mülltonnen der Nachbarschaft ansehe, sind wir noch extrem gut in Sachen „Less Waste“ dabei. Und das als vierköpfige Familie.
Aber: Hier und da schlich sich der ein oder andere Schlendrian ein. Um nicht zu sagen: Ich bin aus Bequemlichkeit und auch Planbarkeit in alte Muster zurückgefallen. Dazu kam, dass einiges einfach von heute auf morgen nicht mehr möglich war.
Wie Corona unser Projekt „plastikfrei leben als Familie“ gefährdet
Eine der größten Veränderungen war, dass wir von heute auf morgen seit nunmehr sechs Monaten alle Vier zuhause sind und somit nicht nur unser Alltag komplett anders verläuft, sondern wir auch ganz andere Mengen an Essen brauchen. Weil wir schlichtweg nicht nur alle zu jeder Mahlzeit zuhause sind und täglich frisch kochen, sondern auch aufwändiger. Weil wir die Zeit und Lust dazu haben.
Sprich, ich müsste dazu häufiger einkaufen, als ich es vorher tat. Und das ist im Augenblick für mich einfach nur der absolute Alptraum. Abgesehen von der lästigen Maske, macht der komplette Einkauf unter „Pandemiebedingungen“ überhaupt keinen Spaß. Ob alleine, oder zu Viert. Viele Dinge gibt es aus Hygienegründen nicht mehr, man sucht, schaut wieder nach Alternativen und der Einkauf zieht sich unnötig in die Länge.
Also habe ich angefangen, hier und da wieder Lebensmittel zu bunkern. Oder anders gesagt, in Plastik auf Vorrat zu kaufen. Wie zum Beispiel Milch, Sahne und Nudeln. Auch Käse und Wurstwaren sind immer häufiger in Plastik gehüllt im Einkaufswagen gelandet – der Haltbarkeit wegen.
Frische Käse-, Wurst- und Fleischwaren dürfen jetzt verständlicherweise nicht mehr in mitgebrachten Verpackungen eingepackt werden. Also fällt auch hier wieder unnötiger Müll an.
Durch die strengeren Auflagen und unseren neuen Alltag haben wir Einkäufe in Unverpackt- und Bioläden kurzerhand komplett sein lassen und direkt alles im Supermarkt gekauft. Für mich ist schlichtweg der Aufwand von nun extra entstandenen Fahrwegen (weil wir nicht mehr so oft unterwegs sind) zu hoch. Außerdem ist der Vorteil in Sachen Nachhaltigkeit im Vergleich zu etwas mehr Verpackung nicht mehr gegeben.
Dazu kommt, dass im herkömmlichen Supermarkt wieder vermehrt Produkte zu finden sind, die in Plastik eingepackt sind. Vermutlich aus Hygienegründen. Das war vor allem in der Obst- und Gemüseabteilung der Fall. Oftmals ließ ich dann Fünfe gerade sein und kaufte zähneknirschend Gesundes in ungesundes Eingehülltes.
Und ja, wir haben es uns so leicht und angenehm wie möglich gemacht in dieser speziellen Zeit. Wir haben uns Eis in Plastikpackungen gegönnt. Seit Ewigkeiten habe ich mir mal wieder eine Tafel Schokolade gekauft. Und auch sonst habe ich nicht immer ganz penibel hingeschaut.
Ziehen wir Bilanz: Wo stehen wir bei unserem Projekt „nachhaltig und plastikfrei leben als Familie“?
Wir haben in den letzten Monaten nicht gerade durch Prinzipientreue geglänzt. Wir kaufen wieder mehr Produkte, die in Plastik verpackt sind. Aus praktikablen Gründen und wegen der Haltbarkeit, um uns Wege und vermehrte Einkäufe zu sparen. Und ja, auch aus finanziellen Gründen.
Bio- und Unverpacktläden haben wir seit März nicht mehr von innen gesehen. Unsere Plastikmülltonne zählt nach einem Monat zwei volle gelbe Säcke (was für uns wahnsinnig viel ist).
Auf der anderen Seite stelle ich immer mehr Dinge selbst her, statt sie fertig zu kaufen – weil ich nun die Zeit dazu hatte. Ich bin stolze Hochbeetbesitzerin mit kleineren und größeren Ernteerfolgen. Und wir haben kein einziges Mal Beschäftigungs-Kram gekauft, der nun irgendwo zuhause rumfliegt. Was der wahrscheinlich größte Erfolg darstellt.
Insgesamt haben wir uns trotz einiger Schwächen und Durchhänger ganz gut gehalten und es könnte deutlich schlimmer sein. 😉 Und ich bin zuversichtlich, dass wir auch wieder „auf die richtige Bahn“ kommen. Und wer weiß, vielleicht haben wir durch meine vielen Selbstmach-Projekte, die ich in Angriff genommen habe, am Ende noch einiges gewonnen und in unseren Alltag ohne Stress integriert – oder neue und bessere Wege gefunden.